Schulen in Potsdam werden digital aufgerüstet

KOMPLETT KREIDEFREI

Das Rathaus will eine Million Euro extra in die Computertechnik an Schulen investieren. Auch das Land hat Nachbesserungen angekündigt

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F1Die 16-jährigen Schülerinnen Emma (l.) und Katharina arbeiten an der Voltaire-Schule in Potsdam gemeinsam an Computer und Tablet. Foto: B. Settnik/dpa
Von Henri Kramer

Potsdam - Ungenügende Wartung, veraltete Technik: Die Stadt Potsdam stellt sich personell und finanziell neu auf, um Probleme bei der Digitalisierung an Schulen zu lösen. So sei für die Informationstechnik an den Lehreinrichtungen nicht mehr das Bildungsdezernat im Rathaus, sondern ab sofort der Fachbereich für Innovation zuständig, bestätigte dessen Leiter Christoph Andersen am Montag den PNN. Die Stadt plane zudem für den aktuellen Doppelhaushalt 2018/2019 zusätzlich eine Million Euro für die IT-Modernisierung an den Schulen ein, hieß es weiter.

Anderson sagte, Ziel der Umstrukturierung sei ein „einheitlicher IT-Dienstleister“ für die Schulen. Die seit Herbst begonnene Vereinheitlichung der digitalen Infrastruktur an den Schulen werde „uns auf Jahre beschäftigen“, betonte Anderson und machte so den Nachholbedarf deutlich. Eine erste konkrete Maßnahme sei, dass die Schulrechner nun auch mit der Fernwartungssoftware ausgerüstet seien, die im Rathaus bei technischen Schwierigkeiten zum Einsatz könne. „Damit können wir bei Fragen zu Alltagsproblemen deutlich schneller als bisher antworten.“ Auch die Zahl der Mitarbeiter, die für die Wartung der Computer an den rund 45 Schulen der Stadt zuständig sind, sei von drei auf vier erhöht worden. „Weitere Verbesserungen sind im Gespräch“, so Anderson.

18 weitere Schulen sollen noch in diesem Jahr neue Rechner erhalten

Zudem macht sich die Stadt an die ins Stocken geratene Umsetzung des bereits 2014 beschlossenen IT-Masterplans für die Schulen. 2015 sei bereits die Technik an neun Schulen erneuert worden, sagte Anderson. Mit der zusätzlichen Million für Computertechnik sollten noch in diesem Jahr 18 weitere Schulen neue Rechner erhalten. Danach werde die neue Technik für die noch verbleibenden Schulen ausgeschrieben, machte Andersen deutlich.

Ein weiteres Beispiel für noch bestehende Digitalisierungsprobleme ist die Tatsache, dass manche Schulen noch über privat von Lehrern oder Direktoren angelegte E-Mail-Postfächer kontaktiert werden müssen. „Das war auch an unserer Schule lange Zeit der Fall“, bestätigte etwa die Leiterin des Helmholtz-Gymnasiums, Grit Steinbuch, den PNN. Inzwischen hätten die Kollegen aber die Möglichkeit, auch eine offizielle Schuladresse zu nutzen. Zudem wolle man auch eine offizielle Kontaktadresse beantragen – derzeit nutzt die Schule ein T-Online-Postfach.

Kreidefreie Tafeln für Potsdamer Schüler

Solche Änderungen fordern Fachpolitiker für alle Schulen. „Es wäre wünschenswert, wenn alle Schulen mit einer klaren Lösung agieren könnten“, sagte der Vorsitzende des Bildungsausschusses, Clemens Viehrig (CDU/ANW). Und der Linke-Bildungsexperte Stefan Wollenberg sagte auf Anfrage, schon die Außenwirkung solcher Privat-Mailadressen sei nicht besonders professionell – zumal solche Lösungen im Sinne personenunabhängiger Zugriffsmöglichkeit schwierig und auch datenschutzrechtlich bedenklich seien.

Allerdings sei in diesem Fall das Land und nicht die Stadt zuständig, so Anderson. Ein Sprecher des Bildungsministeriums sagte, für dieses landesweite Thema befinde man sich in Arbeitsgesprächen mit dem brandenburgischen IT-Dienstleister (ZIT-BB): „Wir arbeiten an einer Lösung.“ Das Rathaus teilte ferner mit, schon drei Schulen – die Grundschule im Bornstedter Feld, die Leonardo-Da-Vinci-Gesamtschule und die Gesamtschule Am Schilfhof – seien komplett mit kreidefreien und zum Teil interaktiven Tafeln ausgestattet. Über einen Breitbandanschluss mit mindestens 50 Megabyte pro Sekunde verfügten bereits 60 Prozent der Potsdamer Schulen.

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Mathematiika: Unterricht mal laut, mal leise

Lena Florian und Sebastian Grabow unterrichten seit zwei Jahren nach finnischem Vorbild Mathe. Dabei begeben sich die Schülerinnen und Schüler auf Safari und besiegen ihre Matheangst.

Lesen Sie das vollständige Interview vom 15. Januar 2018 im sofatutor-Magazin Lehrer.

 

Lernen wie im Internetcafé

dpa // 12.01.2018, 14:43 Uhr - Aktualisiert 12.01.2018, 15:02

N1Lehrer Björn Nölte (l.) erklärt Schülern der 11. Klasse der Voltaire-Schule in Potsdam eine Aufgabenstellung auf einem Computer. Auch in den Brandenburger Schulen sind digitale Lernmittel auf dem Vormarsch. © Foto: dpa/Bernd Settnik
Potsdam (dpa) Die alte schwarze Schultafel hängt zwar noch in den meisten Klassenzimmern - doch digitale Whiteboards sind auf dem Vormarsch. Frontalunterricht gibt es im digitalen Klassenzimmer nicht mehr - das eröffnet den Schülern einen neuen Zugang zum Wissen.

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Im Oberstufenkurs von Deutschlehrer Björn Nölte sieht es eher aus wie in einem Internetcafé, weniger wie in einem Klassenzimmer: Die Schülerinnen und Schüler sitzen alleine oder zu zweit vor Computerbildschirmen, zusätzlich werden Tablets und private Handys eingesetzt. Als Aufgabe steht für die Schüler der Potsdamer Voltaire-Gesamtschule das digitale Tagebuch "Arbeit und Struktur" zur Debatte, das der an einem Hirntumor erkrankte Autor Wolfgang Herrndorf von 2010 bis zu seinem Suizid im August 2013 verfasste. Die Schüler können zwischen einer eigenen Kurzgeschichte oder einer Erörterung wählen - und die Kriterien für die Benotung bestimmen.

Dafür kommunizieren sie über ein offenes Textdokument: Sprache, Grammatik, Rechtschreibung und Materialbezug werden von den Schülern als Kriterien für die Beurteilung anerkannt. Bei Kreativität legt die 18-jährige Bella Wendel schriftlich ihr Veto ein: "Ich glaube nicht, dass man Kreativität bewerten kann", begründet sie ihren Einspruch. Die Schüler könnten auch per Abstimmung entscheiden, dass die Arbeit gar nicht bewertet wird. "Aber dann wiegen die Noten bei den anderen Arbeiten schwerer", erläutert Nölte.

Transparentes Arbeiten für alle Beteiligten ist oberstes Ziel im digitalen Klassenzimmer der Voltaire-Gesamtschule. In der Plattform "Moodle" loggt sich der 16-jährige Theo Groth ein und kann dort Übungsaufgaben und Erläuterungen von verschiedenen Fachlehrern abrufen. Das hilft auch, Unterrichtsstunden sinnvoll auszufüllen, wenn der Lehrer krank ist und keine Vertretung kommt.

Im Klassenzimmer hängt eine digitale Tafel, doch die wird von Nölte in der Regel nur als Beamer genutzt, um die wichtigsten Arbeitsschritte für alle anzuzeigen. Diese Erfahrung hat auch der stellvertretende Schulleiter Benny Schurig gemacht, der Mathematik unterrichtet. "Ich nutze das interaktive Whiteboard wie eine normale Schultafel, um darauf zu schreiben", sagt Schurig. "Aber für andere Anwendungen ist die Software sehr kompliziert. Das geht mit den Tablets einfacher." An der Schule sind nur vier Räume mit Whiteboards ausgestattet, aber alle mit Beamer. "Das ist der Trend, wo es hingeht", meint der stellvertretende Schulleiter.

Die Gesamtschule mit 850 Schülern hat 40 Tablets zur Verfügung, die im Unterricht genutzt werden können. Damit können die Schüler etwa auch Lernvideos erstellen, in denen sie die Lösung einer Aufgabe erklären. Wissen verfestige sich, wenn man das Gelernte sprachlich und visuell erkläre.

In Medienkunde testen Schüler mit den Tablets etwa Bildtechniken. So sollen etwa Bilder mit unterschiedlichen Perspektiven, dem Spiel mit Licht und Schatten oder Nahaufnahmen den Schülern nahebringen, mit unterschiedlichen Techniken die Wirkung von Bildern zu verändern. "Die Schüler haben in den sozialen Netzwerken ständig mit Bildern zu tun, das ist Teil ihres Alltags", erläutert Schurig. "Da ist es gut, wenn sie sich über die mögliche Wirkung von Bildern bewusst werden." Im Unterricht geht es auch um die Medien Buch, Zeitung, Film und Audio.

Auch an der Voltaire-Schule gebe es immer mal wieder Fälle von Mobbing oder es werde mal ein Foto gepostet, das eine Mitschülerin in ungünstigem Licht zeigt, berichtet Schurig. "Schüler nutzen soziale Netzwerke auch, um sich gegenseitig zu beschimpfen." Allerdings seien solche Fälle nicht besonders häufig. "Wenn so etwa herauskommt, sprechen wir mit den Schülern darüber", so Schurig. "Und dafür gibt es auch den Klassenrat, der einmal pro Woche tagt." In der Schule gibt es von der 7. Klasse an auch Workshops, in denen Medienpädagogen und Experten der Polizei über die Gefahren im Internet aufklären.

Aus Sicht von Schurig bietet das digitale Klassenzimmer eine völlig neue Lernerfahrung. Zwar gebe es noch den klassischen Frontalunterricht, aber der funktioniere bei vielen Lernprozessen nicht so gut. "Der Lernprozess läuft individuell verschieden und in unterschiedlichen Geschwindigkeiten", meint Schurig. "Der eine arbeitet eher textbasiert, der andere experimentiert lieber - diese individuelle Lernumgebung ist im digitalen Klassenzimmer am besten."

Doch noch hapere es in den meisen Schulen an der Ausstattung mit WLAN, Breitband-Anbindung und digitalen Geräten, sagt der Direktor des Hasso-Plattner-Instituts, Christoph Meinel. "Die Schüler müssen heute in separate Rechner-Kabinette gehen, die zudem meist nicht professionell gewartet und auf dem neuesten Stand sind", kritisierte Meinel. "Es geht darum, dass in allen Fächern und in jedem Klassenraum mit digitalen Medien gearbeitet werden kann, so wie mit einem Schulbuch."

Für die Ausstattung der Schulen mit Computern, Tablets und notwendiger Infrastruktur sind nach Angaben des Bildungsministeriums die Träger der Schulen zuständig. Die Aufgabe, Kinder und Jugendliche für die digitale Welt fit zu machen, reiche aber weit über die Bedienung von Endgeräten hinaus, betont Bildungsministerin Britta Ernst (SPD). "Medienbildung soll und kann in allen Unterrichtsfächern stattfinden", meint die Ministerin. "Die Lehrkräfte entwickeln völlig neue Lern- und Unterrichtsformen, bei denen schulische Inhalte und digitale Fertigkeiten kreativ miteinander verknüpft werden."

Link zum Presseartikel der moz logo (MOZ) und Link zum Presseartikel der pnn logo (PNN). – Dieser Artikel  wurde zudem in der Druckausgabe der Berliner Zeitung Nr. 11 vom 13./14. Januar 2018 auf Seite 18 (Rubrik Brandenburg) veröffentlicht.

Startschuss für digitale schwarze Bretter

Schule/Wirtschaft

IHK

Offizieller Startschuss für die digitalisierte Berufsorientierung an Schulen mit IHK-Karriere-Monitoren: Die Industrie- und Handelskammer Potsdam hat in der Voltaire-Gesamtschule in Potsdam eines der ersten von insgesamt 45 „digitalen schwarzen Brettern“, sogenannte Karriere-Monitore, an Oberschulen, Gesamtschulen und Gymnasien im Kammerbezirk offiziell in Betrieb genommen. Per Monitor und der dazugehörigen App wird zur beruflichen Bildung informiert. Damit unterstützt die IHK Potsdam junge Menschen bei ihrem Karrierestart und damit die regionale Wirtschaft.

"Die Schülerinnen und Schüler sowie auch die Eltern sehen so aus erster Hand die Chancen, die ihnen die regionale Wirtschaft bietet: Ausbildungsplätze, Pratikumsbetriebe und Karrieremöglichkeiten in der Berufswelt. Wir spielen dort auch die Termine von Ausbildungsmessen ein und geben bekannt, wann wir wo vor Ort sind. Wir schlagen übrigens zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Schulen selbst nutzen die Monitore ebenfalls - für Informationen über Stundenpläne und Vertretungsstunden, zu Arbeitsgemeinschaften oder Klassenfahrten. Über die APP, die auf jede Schule zugeschnitten ist, geht das rund um die Uhr. Wir versprechen uns davon eine noch bessere Berufsvorbereitung, um der regionalen Wirtschaft bei der Lösung der Fachkräftefrage aktiv zu helfen."

Das sagte IHK-Präsident Peter Heydenbluth vor dem symbolischen Knopfdruck und wünschte allen gutes Gelingen.

DSB1 Den Start verfolgt haben neben Schülerinnen und Schülern und dem IHK-Präsidenten Peter Heydenbluth ebenfalls Benny Schurig, stellvertretender Schulleiter der Voltaire-Gesamtschule; Schulrat Eckhard Dörnbrack; Mario Tobias, Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam; Wolfgang Spieß, Geschäftsführer Bildung der IHK Potsdam sowie Dietmar Weiberlenn, Stadtverwaltung Potsdam, Bereichsleiter Bildung Potsdam.
Insgesamt geplant sind die 45 Karriere-Monitore in folgenden Städten und Landkreisen:

Potsdam: 10; Teltow-Fläming: 7; Potsdam-Mittelmark: 8; Havelland und Brandenburg an der Havel: 5; Oberhavel: 8; Ostprignitz-Ruppin: 4; Prignitz: 3

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