Potsdamer Rathauskantine in Schülerhand

Lange Schlangen, unerträgliche Enge und Löcher in der Decke: Die Mensa der Potsdamer Voltaire-Gesamtschule ist nicht nur viel zu klein, sondern auch marode. 130 Schüler der Oberstufe protestierten am Donnerstag mit einem kollektiven Mittagessen in der Stadtverwaltung für eine neue, größere Mensa.

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Von Nadine Fabian

Potsdam. Einige machen direkt auf dem Hacken kehrt, andere harren geduldig in der Schlange aus, die vor der Rathauskantine am Donnerstagmittag länger ist denn je zuvor. "Jetzt erleben die Verwaltungsmitarbeiter mal, was wir jeden Tag erleben", sagt Cynthia Aßmann. Die 18-Jährige besucht die zwölfte Jahrgangsstufe der Voltaire-Gesamtschule. Viele ihrer Schultage reichen bis in den späten Nachmittag hinein. Dennoch macht Cynthia einen großen Bogen um die Mensa ‒ da kann der Magen noch so knurren. "Weil die Mensa viel zu klein ist, habe ich oft so lange fürs Essen angestanden, bis die Pause vorbei war und ich nur noch die Wahl hatte, mein Essen wegzuwerfen, herunterzuschlingen oder aber zu spät zum Unterricht zu kommen", erzählt sie. An der Situation ändere sich trotz beständiger Bitten der Schüler, Eltern und Lehrer seit Jahren nichts und man fühle sich von der Stadt hingehalten. Deshalb haben sich die Schüler zum Protestessen im Stadthaus verabredet. 130 aus der Oberstufe waren am Donnerstag dabei. Die Fortsetzung folgt heute.

"Es geht uns vor allem darum, ins Gespräch zu kommen", sagt Christine Walkenbach (17) von der Schülervertretung. Das Gremium kritisiert, dass die Mensa und die angeschlossene Aula zu klein und in einem schlechten Zustand sind, dass der Brandschutz fehlt, die Akustik und das Klima schlecht sind. Deshalb hat die Schülervertretung das Protestessen ausgeheckt. "Wir wollen nicht nur meckern", betont Christine. "Wir wollen reden und kooperieren. Der Oberbürgermeister ist zwar leider nicht hier – aber er wird sicher von uns und unserer Aktion hören. Wir hoffen, dass wir etwas bewegen können und dass es eine Reaktion gibt."

Diese ist allerdings unwahrscheinlich, verweist die Stadt doch auf den Schulentwicklungsplan für die Jahre von 2014 bis 2018. Laut Stadtsprecher Markus Klier haben die Stadtverordneten nach intensiver Diskussion beschlossen, dass der Turnhallenneubau und damit der Abriss und der Neubau der Mensa an der Voltaireschule ab 2018 in die Planung aufgenommen werden. Für die gesamte Baumaßnahme seien Investitionen von rund 8,77 Millionen Euro vorgesehen. "Es ist wichtig festzuhalten, dass sich der geplante Neubau der Mensa nicht in der vermeintlich zu geringen Größe der Bestandsmensa begründet", betont der Stadtsprecher. Die Größe der Ende der 70er Jahre gebauten Mensa übertreffe derzeit sogar die aktuellen Raumbedarfsempfehlungen des Bildungsministeriums für Mehrzweckräume dieses Schultyps.

"Auch der bauliche Zustand der Mensa war kein Grund für die Aufnahme in die aktuelle Schulentwicklungsplanung", so Markus Klier. "Hier gäbe es deutlich prioritärere Vorhaben." Allein die für die Voltaire-Gesamtschule und die Max-Dortu-Grundschule zu knappe Sporthallenfläche habe zur Entscheidung über den Turnhallenneubau geführt. "Und da diese Turnhalle grundstückstechnisch nur am Standort der bisherigen Mensa errichtet werden kann, muss das Bestandsgebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden."

Bis dieser Neubau steht, werde sichergestellt, "dass zwingend notwendige kleinteilige Brandschutzmaßnahmen" umgesetzt werden. "Bei den Begehungen der Feuerwehr und des Gesundheitsamtes wurden Mängel festgestellt, jedoch nicht in einem Ausmaß, dass hier eine unmittelbare Nutzungsuntersagung ausgesprochen werden musste", so Markus Klier. "Zwischenzeitlich wurden bereits und werden auch weiterhin die festgestellten Mängel durch kleinteilige Maßnahmen beseitigt."

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Kein Schulessen Mensa zu klein

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Protest wegen zu kleiner Mensa

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Von Erik Wenk

Innenstadt – Baufällig, ungeheizt und zu klein: Die Mensa der Voltaire-Schule Potsdam ist für Schüler, Lehrer und Eltern seit vielen Jahren ein Ärgernis, denn das einst für 130 Personen errichtete Gebäude muss für alle der rund 900 Voltaire-Schüler reichen. Nun richteten die Elternvertreter der Schule einen Brandbrief an die Stadtverwaltung, die Schüler selbst kündigten an, in den kommenden Tagen aus Protest in großer Zahl in der Kantine des Rathauses zu essen.

Bei kürzlichen Begehungen der Feuerwehr und des Gesundheitsamtes wurden etliche bauliche Mängel sowie ungenügender oder fehlender Brandschutz festgestellt: „Die Heizungen sind nicht regulierbar, die Fenster können nicht geöffnet werden, es gibt keine Kennzeichnung der Fluchtwege“, zählt Schulleiterin Karen Pölk auf. Stadtsprecher Markus Klier bestätigt, dass Mängel festgestellt wurden: „Zwischenzeitlich wurden diese bereits beseitigt und werden auch weiterhin durch kleinteilige Maßnahmen beseitigt.“ Augenmerk liege dabei auf dem Brandschutz, so Klier.

Das ist Eltern, Schülern und Lehrern zu wenig, sie fordern einen baldigen Neubau; der Architekt und ehemalige Elternvertreter Rolf Jaster stellte am Mittwoch Entwürfe für einen Neubau vor, der eine Mensa mit 414 Plätzen sowie eine Aula mit 400 Plätzen vorsieht. Die Kosten lägen bei circa acht Millionen Euro. Über den Termin für Abriss und Neubau der Mensa sowie einer Turnhalle soll laut Schulentwicklungsplan jedoch frühestens 2018 geredet werden, so Klier: „Zusammen mit dem Sporthallenneubau sind hier Investitionen von 8 768 000 Euro geplant.“

Die Voltaire-Schule an der Lindenstraße ist kein Einzelfall: Klier bestätigt, dass nach neuesten baulichen Standards derzeit zwölf Potsdamer Schulen Sanierungsbedarf haben.

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Smartboard statt Lenin

In 20 Jahren ist die Voltaire-Gesamtschule zu einer der erfolgreichsten der Stadt geworden. Heute wird gefeiert

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Von Sarah Kugler

Innenstadt - Voltaireschüler haben viel zu tun: Sie dürfen Opfern des Nationalsozialismus ihre Persönlichkeit zurückgeben, regen Austausch mit sieben verschiedenen Ländern betreiben, virtuelle Hefter anlegen und sich gegenseitig im Balladenschreiben übertrumpfen. Den Schülern der Gesamtschule in der Lindenstraße werden Möglichkeiten geboten, Kompetenzen über das Lehrplanwissen hinaus zu erwerben. Am heutigen Freitag feiert die Schule den 20. Jahrestag ihrer Namensgebung mit einem großen Hoffest, zu dem nicht nur Schüler, Eltern und Lehrer, sondern auch Ehemalige und interessierte Gäste eingeladen sind. Neben vielen Programmpunkten und kulinarischen Angeboten soll dabei auch auf die Schulgeschichte zurückgeblickt werden.

Und die ist lang, wie Schulleiterin Karen Pölk erzählt. „Wenn man es genau nimmt, geht unsere Geschichte bis ins 19. Jahrhundert zurück“, sagt sie. „Schließlich sind wir aus der ,Höheren Bürgerschule für Knaben’ erwachsen.“ Diese zog 1835 in die damalige Waisenstraße 37 ein, was heute wohl der Dortustraße entspricht und somit die Adresse ist, in die am 1. September 1950 die Schule 9 einzog. Aus der Grundschule mit acht Jahrgangsstufen wurde später die heutige Gesamtschule. Im November 1950 erhielt sie den Namen „Geschwister Scholl“, im Jahr 1957 wurde sie zu einer Mittelschule mit polytechnischem Unterricht erweitert. Im Jahr 1980 konnte ein neu errichtetes Gebäude in der damaligen Otto-Nuschke-Straße, der heutigen Lindenstraße, bezogen werden. Die Grundschule bezog den westlichen Teil, die Polytechnische Oberschule den östlichen. Mit dem Umzug war auch ein neuer Name verbunden: Die Schule hieß nun „W.-I.-Lenin Oberschule mit erweitertem Russischunterricht“. „An dem Standort stand sie nun auch noch in der Traditionslinie des ,Großen Militärwaisenhauses’“, so Pölk. „Teile des heutigen Schulgeländes gehörten nämlich dazu.“

Im Jahr 1990 wurden die Oberstufen der Grund- und Oberschule zur „Gesamtschule 9 mit Sekundarstufe I und II“ zusammengeführt. Im Juni 1993 übernahm Ortrud Meyhöfer die Leitung der Schule, die ein Jahr später den Namen des französischen Philosophen Voltaire erhielt. Unter Meyhöfers Leitung wurde die Gesamtschule saniert und etablierte sich zu einer der beliebtesten und erfolgreichsten Schulen der Stadt. „Die Ergebnisse der Schulvisitation zeigen es bis heute“, so Pölk, die 2011 die Schulleitung übernahm. „Wir sind zu einer der besten Schulen Brandenburgs gekürt worden.“

Derzeit arbeiten 80 Lehrer und elf Referendare an der Schule. 920 Schüler lernen in der Gesamtschule, davon allein 400 in der Oberstufe. Unter dem Motto „Alles unter einem Dach“ bietet sie das Abitur nach 12 oder 13 Jahren. Es gibt Ganztagsangebote für die Jahrgänge 5 bis 8, teilweise auch 9 und 10.

Mit zahlreichen Projekten hat sich die Voltaire-Gesamtschule in den letzten 20 Jahren immer wieder hervorgehoben: So wurde 2006 die Biografiearbeit zu den Stolpersteinen gestartet, die an Menschen erinnern, die zur Zeit des Nationalsozialismus ermordet, vertrieben oder deportiert wurden. Seit 2011 bieten Schüler dazu auch Führungen an. Mit Schulen in Finnland, Israel, Frankreich, der Türkei, der Schweiz, Schweden und Spanien werden intensive Partnerschaften gepflegt. „Gerade der Kontakt zu den fremden Ländern beeindruckt die Schüler immer wieder sehr“, sagt Schulleiterin Pölk. „Sie verbessern dabei nicht nur ihre Sprachkompetenz, sondern lernen auch andere Kulturen und Lebensumstände kennen.“ Den unter der ehemaligen Deutschlehrerin Erika Kiesant gewachsenen Voltaire-Literaturwettbewerb gibt es heute nicht mehr. „Dafür haben wir inzwischen einen einwöchigen Balladen-Wettstreit und die Englischkurse veranstalten einen Poetry-Slam“, so Pölk. Langfristig ist in die Richtung ein neues Fach mit dem Namen „Werkstatt ästhetische Bildung“ geplant, das Komponenten aus Deutsch, Kunst, Musik, Medienkommunikation und Darstellendem Spiel vereint. „Das Genehmigungsverfahren läuft noch“ erklärt Pölk, die selbst Lehrerin für Geschichte, Deutsch und Darstellendes Spiel ist. Geplant sei es für das nächste Schuljahr. Aber auch logisches Denken komme mit der Mathe-Olympiade oder dem Sudoku-Wettbewerb nicht zu kurz. In besonderer Erinnerung sind ihr auch Gäste wie der ehemalige Ministerpräsident Matthias Platzeck und der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz geblieben, die mit den Schülern 2013 eine Podiumsdiskussion über Europapolitik geführt haben.

Darüber hinaus versucht die Schule immer auf dem neuesten Stand der Technik zu sein, wie sie sagt. Bereits jetzt arbeiten die Lehrer mit sogenannten Smartboards, virtuellen Tafeln, auf die Präsentationen und Arbeitsschritte direkt vom Tablet oder PC übertragen werden können. Mit der Lernplattform Moodle werden außerdem virtuelle Hefter angelegt, Unterrichtsmaterialien gestellt und somit auch Vertretungsstunden erleichtert. Ein weiteres Zukunftsprojekt ist der Ausbau der Mensa, die viel zu klein für die große Schülerzahl ist und zudem noch stark sanierungsbedürftig. Wie die PNN berichteten, müssen die Schüler dort derzeit in Schichten essen gehen.

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