Geschichte geht auch spannend

1010T129.09.15
"Am 29.09.2015 werden wir einen Greenday haben." Die ganze 10T1 freut sich. "Wir werden einen Ausflug zu den Säulen des Geschichtslehrpfades machen." Alle stöhnen.

Doch heißt Geschichte gleich, langweilige Daten und Fakten auswendig zu lernen? Nein, Geschichte bedeutet auch, Spannendes über seine Heimat und seine Herkunft zu erfahren, z.B. wie es dazu kommen konnte, dass meine Eltern in zwei verschiedenen Ländern und doch im selben Land aufgewachsen sind und ich trotz einer Mauer entstanden bin. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass Potsdam das "französische Versailles Deutschlands" ist? Das erfuhren wir unter anderem in einer sehr informationsreichen Führung im und über das Schloss Cecilienhof.

Das Schloss Cecilienhof  wurde um 1914 bis 1917 von dem damaligen Kaiser Wilhelm II. für seinen Sohn Kronprinz Wilhelm und dessen Frau Cecilie erbaut. Nach ihr wurde das im englischen Landhausstil gebaute Schloss benannt. Doch wie ihr sicher wisst, waren unsere Könige und Kaiser sehr protzig und so ein kleines Schlösschen bekam unter den vielen anderen in Potsdam kaum besondere Anerkennung. Richtig berühmt wurde das Schloss erst durch die Potsdamer Konferenz, die dort vom 17. Juli bis zum 02. August 1945 stattfand. In der Potsdamer Konferenz trafen sich die Regierungsoberhäupter der Siegermächte: Stalin, Truman und Churchill (später Attlee). Das Ziel war es, eine geografische Neueinteilung Polens, Reparationsleistungen seitens Deutschlands und dessen zukünftige Verwaltung zu klären. Insgesamt war die Führung eine gute Wiederholung des Geschichtsunterrichtsstoffes der letzten Jahre, aber trotzdem eher langweilig und nicht sehr überzeugend erzählt.

Doch so konnten wir den Tag nicht enden lassen. Jetzt kam erst das wirklich Interessante, über das wir so gut wie nichts wussten: die Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße. In dem ehemaligen Untersuchungsgefängnis wurden von 1945 bis zum Ende der DDR hunderte, oft auch nur vermeintliche Straftäter festgehalten und verhört. "Die Zustände mussten damals wirklich grausam gewesen sein." So dachte ich bestimmt nicht als einzige, als wir durch die kalten und bedrückenden Gänge gingen und Einritzungen ehemaliger Häftlinge in den engen Zellen sahen sowie Zeitzeugenberichte hörten. Die Zeitzeugin Helga Wilhmanns erzählte, wie sie mehrere Stunden, möglicherweise Tage in einer Stehkammer verbringen musste. Als wir dann vor diesem einen Quadratmeter großen Raum ohne Lüftung, Abfluss oder Irgendetwas standen, wurde mir schlecht bei dem Gedanken, wie diese schwangere Frau dort gelitten haben musste. Sie hatte keine Straftat begangen und wurde trotzdem der Spionage angeklagt. Letztendlich sagte sie dann, sie würde alles unterschreiben, nur um von diesem schrecklichen Ort fortzukommen und ihr Kind sicher auf die Welt bringen zu können. Aus weiteren Zeitzeugenberichten konnten wir in einem nachfolgenden Workshop unter anderem herausfinden, wie schlecht die Hygiene und Verpflegung waren und wie selten Schlaf gestattet war.

Im Gegensatz zu diesen Qualen kamen uns unsere schmerzenden Füße sehr harmlos vor. Die Gefangenen hatten außerdem kaum eine Chance sich abzulenken, so begannen einige  zu dichten, miteinander "zu klopfen" oder einfach in Gedanken in eine andere Welt zu verschwinden.

Es war sehr ergreifend, das alles so nah mitzuerleben, doch trotzdem wahnsinnig interessant und ist auf jeden Fall weiter zu empfehlen.

Antonia Lücking  (Klasse 10T1)