Voltaire erlebt Geschichte Eine Überlebende des Holocaust zu Gast im Jahrgang 10

Geschichte ganz nah erleben: Diese Möglichkeit bekamen die Schülerinnen und Schüler des 10. Jahrgangs, als wir am 23.08.2019 von Shoshana Direnfeld besucht wurden. Die inzwischen fast 91-Jährige lebt in Israel und besucht immer wieder Potsdamer Schulen, um über ihre Erfahrungen als Jüdin im Zweiten Weltkrieg zu berichten.

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Shoshana wurde 1928 als eines von acht Geschwistern in Cluj (Siebenbürgen, Transsilvanien) geboren und wuchs dort die ersten 12 Jahre ihres Lebens ganz normal auf. Doch eines Tages gab man ihr einen gelben Stern und sagte: "Alle sollen sehen, dass du Jude bist." Kurz darauf kam sie mit ihrer Familie in ein Ghetto. Sie hatten dort keine Betten und mussten auf dem Boden schlafen. Das Leben war sehr schwer, doch dann kam ein Mann und verkündete ihnen, dass sie jetzt alle in ein anderes Ghetto verlagert werden sollten. Man versprach ihnen dort bessere Lebensbedingungen und Arbeit. Doch das alles war eine Lüge, denn der Zug, welcher vier Tage lang ohne Verpflegung unterwegs war, brachte Shoshana und ihre Familie nach Auschwitz. Die Menschen, die auf dem Weg dorthin gestorben waren, warf man einfach aus dem Zug. Das muss schrecklich gewesen sein!

In Auschwitz wurden sie – sehr makaber – von Musik begrüßt, und man teilte sie in zwei Gruppen auf. Diese Unterteilung unternahm Dr. Mengele (SS-Arzt, der Experimente an Kindern durchführte). Er fragte Shoshana, wie alt sie sei; und als sie darauf intuitiv mit "18" antwortete, obwohl sie eigentlich erst 15 war, schickte sie Dr. Mengele zusammen mit drei ihrer Schwestern nach rechts. Sie durften arbeiten. Wer allerdings nach links kam, wurde – so erfährt es Shoshana später – ermordet.

In der Aula unserer Schule ist es komplett still, und man hört nur, wie sie das Wort "Krematorium" ausspricht. Ich stelle mir vor, was das für ein Gefühl es gewesen sein muss, von der Mutter und der Hälfte der Geschwister getrennt zu werden und tief im Inneren zu wissen, dass man sie jetzt nie wieder sehen wird. Ich bin gerade in dem gleichen Alter wie Shoshana damals und finde es unvorstellbar, wie sie es geschafft hat, trotz der Erfahrungen, die sie in einem für die Entwicklung so wichtigen Alter gemacht hat, zu einem so wunderbaren Menschen heranzuwachsen. Aber dazu kommen wir noch.

Nachdem sie also mit ihren verbliebenen Schwestern nach rechts geschickt wurde, kamen sie zu einem Bottich mit einer Flüssigkeit, in welches sie ihre Schuhe legen sollten. Shoshana legte nur einen Schuh hinein, was von einer SS-Aufseherin bemerkt wurde. Sie schlug Shoshana; doch diese erklärte ihr, dass sie in diesem Schuh ein Foto ihrer Mutter aufbewahrte. Die Aufseherin überließ ihr das Bild, was sie sich bis heute nicht genau erklären kann. Sie erzählt uns davon, dass sie dieses Foto heute immer noch hat, und ich muss unwillkürlich lächeln. Manche Dinge überdauern selbst einen Weltkrieg.

Shoshana wurde mit ihren Schwestern im selben Bock untergebracht. Vom Alltag selbst erzählt sie nicht viel. Sie meint später: "Was soll ich da sagen, es war sehr hart." Besonders in Erinnerung scheinen ihr nur die täglichen Zählungen geblieben zu sein. Shoshana hatte die Nummer 61807. Das würde sie nie vergessen, sagt sie.

Nach einiger Zeit im KZ Auschwitz kamen Männer und nahmen Insassen als Arbeiter für ein Arbeitslager in Oberhohenelbe mit. Dort gab es bessere Bedingungen, sagt Shoshana. Sie hatten ein Bett und bekamen zu essen, doch sie musste zwölf Stunden am Tag arbeiten. In dem Lager wurden Lampen für U-Boote hergestellt; und die Arbeit war sehr hart.

Am 09. Mai des Jahres 1945 wurde das Lager dann endlich befreit. Shoshana erzählt uns davon, dass sie erst einmal gar nicht begriffen, was gerade geschah. Es war so surreal und doch so ein schönes Gefühl. Sie waren frei!

Nach der Befreiung ging Shoshana in ihre Heimatstadt zurück, doch sie fand dort keinen Frieden. Die Nazis waren zwar gestürzt und sie war wieder ein freier Mensch, doch man kann seine Erinnerungen nicht einfach ausknipsen. Also wanderte sie aus nach Israel und gründete dort eine eigene Familie. Inzwischen hat sie drei Kinder und sieben Enkel, denen sie allerdings nie von ihren Erfahrungen während des Nationalsozialismus erzählte. Zu grausam waren die Erinnerungen! Stattdessen schrieb sie mit Hilfe ihrer Enkel ein Buch über ihre Erlebnisse. Dieses zu veröffentlichen, dazu drängt sie nun ihre Familie, doch sie ist sich darüber noch nicht ganz im Klaren.

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Shoshana ist mit ihren Erzählungen nun zum Ende gekommen und es entsteht ein Raum für Fragen. Am Anfang traut sich noch keiner so richtig etwas zu sagen, und ein paar Sekunden verstreichen in vollkommener Stille. Ich nutze diesen kurzen Augenblick, um mir über etwas klar zu werden: Das alles ist wirklich passiert! So schwer man sich das auch vorstellen kann, sind ihr all diese Grausamkeiten tatsächlich widerfahren. Und nicht nur ihr. Sie teilte ihr Schicksal mit rund sechs Millionen anderer Juden, von denen die meisten nicht das Glück hatten zu überleben. All diese Menschen wurden ihrer Identität beraubt. Man nahm ihnen ihre Namen, ihr Zuhause und ihre Familien. Man nahm ihnen ihre Würde und behandelte sie nicht mehr wie Menschen. Sie wurden für etwas gehasst, worauf sie keinen Einfluss hatten. Wenn ich mir vor Augen halte, dass auch heute Menschen wieder wegen ihrer Herkunft diskriminiert werden, dreht sich mir der Magen um. Man sollte doch meinen, wir hätten aus der Geschichte gelernt und würden nicht dazu beitragen, dass sie sich wiederholt.

Und diese Tatsachen rufen mir einmal wieder die Wichtigkeit von Zeitzeugengesprächen in Erinnerung. Es ist schwer, sich unter Zahlen in einem Schulbuch oder aus Worten eines Lehrers wirklich ein Bild zu machen und zu begreifen, was das für Einzelne bedeutet haben kann. Doch ein Zeitzeugengespräch gibt der Geschichte ein Gesicht und einen Namen; und so sollten wir alle Shoshana Direnfeld so unendlich dankbar sein, dass sie uns die Möglichkeit gegeben hat, ihr Schicksal nachzuempfinden.

Lea H., Klasse 10B (Fotos: Marco Hübner)

NaWiTa's oder: Vom Organ zum Dauerpräparat

Was sich anhört wie eine neue Orangensorte, bedeuten an der Voltaireschule drei naturwissenschaftliche Tage, an denen die Schülerinnen und Schüler des 11. Jahrgangs einen Crashkurs zu Beginn des Schuljahres in der gewählten Naturwissenschaft und in Mathematik durchliefen. Sie besuchten außerdem eine Vorlesung an der Uni Potsdam und exkursierten in diverse wissenschaftliche Institute, um die hohe Vernetztheit der Naturwissenschaften zu erfahren.

In der Gesundheitsakademie, dem Kooperationspartner unserer Schule, machten einige SuS besondere Erfahrungen, die man nachstehend nachlesen kann.

Bianca Tosch, JGL 11 (Text & nachstehendes Foto)


Vom Organ zum Dauerpräparat

Der frühe Vogel fängt den Wurm!

Dessen bewusst machten sich die SuS der Projektgruppe rund um Frau Tosch zum Abschluss der Naturwissenschaftlichen Tage (kurz: NaWi-Tage) am Morgen des 15. August 2019 auf den Weg zur Gesundheitsakademie Potsdam des Ernst-von-Bergmann Klinikums.

Hier wurden wir herzlich von Frau Gerhard empfangen. Sie ist eine Medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin (MTLA) und arbeitet in der Akademie unter anderem als Lehrerin für angehende MTAs (medizinisch-technische AssistentInnen).

Bevor sie uns erzählen konnte, was uns in den nächsten Stunden erwarten würde, ging es aber erst einmal zum Einkleiden. Durch die hellgelben Kittel entstand nicht nur ein gewisses Grace-Anatomy-feeling, sondern dies war vor allem dem medizinischen Arbeitsschutz geschuldet, insbesondere in Bezug auf den Kontakt mit menschlichen Organen.

Nachdem unsere Sachen im Nebenraum verstaut und die Kittel zugebunden waren, begaben sich also Frau Tosch und eine Handvoll eher schlecht als recht qualifizierter "Aushilfsärzte" in küchenfarbenen Laborkitteln in die gute Stube eines jeden emsigen MTLAs – das Labor.

Noch konnte niemand ahnen, was die weißen Eimer auf der linken und die abgedeckten Geräte auf der rechten Seite für uns bereithalten sollten, doch nachdem auch die weniger frühen "Vögel" eingetroffen waren, konnte es ja richtig losgehen.

Nach kurzer Vorstellung und Begrüßung begann unsere kleine Reise mit dem Titel "Vom Organ zum Dauerpräparat". Ob Herz, Lunge, Rückenmuskel, Darm oder Gallenstein: In den weißen Eimern gab es nichts, das es nicht gab, und so durften wir erfahren, wie sich ein Tumor anfühlt (selbstverständlich nur mit Handschuhen), wie eine Raucherlunge aussehen kann und bestaunten sogar einen Eierstock mit Tumor "Kai-Uwe", der durch Schüler der Akademie zu diesem Namen kam. Ein Gehirn hatte Frau Gerhard laut eigener Aussage übrigens auch schon bestellt. Wer mochte, durfte alles anfassen und Fragen waren jederzeit erwünscht – wirklich spannend.

EvBNawiTage Eben noch an der Lunge gefühlt, machten wir danach eine kleine Pause; und wem der Appetit nicht gerade vergangen war, der biss beherzt ins Pausenbrot.
Danach ging es spannend weiter: Ein Beamer brachte an die Wand, was Frau Gerhard unter dem Mikroskop sehen konnte, und zeigte auf Zellebene, was wir zuvor als ganze Organe betrachten und betasten konnten. So boten sich uns faszinierende Bilder von Leber, Darm und Lunge, Speiseröhre und Magen. Wir lernten zwischen krebskrankem und gesundem Gewebe zu unterscheiden, wurden mit Bildern von Teerablagerungen in der Lunge konfrontiert und konnten auch unser bisheriges Wissen im Bereich der Zytologie (Zellbiologie) anwenden.

Doch wie geht das, ein Organ unter dem Mikroskop zu betrachten? Diese Frage wurde uns zum Schluss beantwortet, und so lernten wir ein besonderes und nicht ganz ungefährliches Gerät, das Mikrotom, kennen, mit dem Dauerpräparate angefertigt werden. Im Prinzip sind das jene kleine Glasplättchen, zwischen denen sich jeder in der SEK I schon einmal die Zellen einer Zwiebelhaut angeschaut hat, nur eben dauerhaft haltbar (was es möglich macht, Präparate aus den 1950er-Jahren noch heute für Forschungszwecke zu verwenden).

Zur Herstellung eines solchen Präparats schneidet bzw. hobelt man mit dem Mikrotom von einem Paraffinblock eine hauchdünne, kleine Schicht ab. Der Schnitt wird in einigen folgenden Schritten, auf die wir nicht näher eingegangen sind, auch noch entwässert, auf seine Eignung hin überprüft, gefärbt und entgast, bevor er endgültig eingedeckt wird und dann in Form eines Präparats vorliegt.

Netterweise durfte jeder von uns ein Magen-, Blinddarm- und Dünndarmpräparat mitnehmen, auf welche in den kommenden Biologiestunden bestimmt auch noch näher eingegangen wird.

Wir bedanken uns herzlich beim Team der Gesundheitsakademie und ganz besonders bei Frau Gerhard für diese einmalige Gelegenheit, einen so spannenden Eindruck von der Histologie und der Arbeit der MTLAs bekommen haben zu dürfen. Und wer weiß, vielleicht verschlägt es ja den einen oder anderen in der beruflichen Zukunft in genau diese Richtung.

Kilian B., Jahrgang 11 (Text), Bianca Tosch

Voltaireschülerin erhält Sonderpreis bei "# nachgefragt"

Am Mittwoch den 14.08.2019 fand in der IHK eine Festveranstaltung statt. Unsere Schulleitung, Cosima W. und Frau Lück waren eingeladen worden. Was war der Anlass?

Unsere SuS des 9. Jahrganges haben im letzten Schuljahr zum ersten Mal am Wettbewerb “# nachgefragt“ teilgenommen. Für diesen Wettbewerb haben einige SuS einen Praktikumshefter nach ganz bestimmten Kriterien erstellt. Die besten Arbeiten habe ich zum Wettbewerb eingereicht. Alle SuS erhielten eine Urkunde, die Allerbesten der Stadt und Landkreise Brandenburgs wurden zur Auszeichnungsveranstaltung eingeladen.

Cosima W. hatte den Beruf der Hebamme äußerst genau beschrieben und sehr originell verpackt, wie ich es in meiner Lehrerlaufbahn noch nie erlebt habe. Sie musste einen der vorderen Plätze belegen, da war ich mir ziemlich sicher. Cosima hatte ihr Praktikum bei der Hebamme Heike Köster (s. Foto) in Berlin absolviert und ihre Erfahrungen sehr einfühlsam dargelegt und illustriert. Unter Anleitung ihrer Betreuerin konnte Cosima den Beruf der Hebamme an nur 14 Arbeitstagen sehr genau kennen lernen.

Nun kam die Einladung, und auf einer feierlichen Veranstaltung im großen Saal der IHK, die mit sehr guten kulturellen Beiträgen gespickt war, überreichten nach kurzen Ansprachen der Präsident der IHK Potsdam, Peter Heydenbluth, der Staatssekretär für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, Dr. Thomas Drescher, und die Geschäftsführerin Netzwerk Zukunft, Schule und Wirtschaft in Brandenburg e.V., Beate Günther, Cosima W. einen Sonderpreis und allen anderen Teilnehmern der Stadt und Landkreise die ersten bis dritten Plätze.

Auch Cosimas Betreuerin, Frau Köster, Cosimas Eltern und ihre Schwester verfolgten voller Stolz die Auszeichnung. Endlich wurde sie aufgerufen. Blitzlichtgewitter, Händeschütteln, Blümchen und ein kleines Päckchen, und schon war alles überstanden.

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An dieser Stelle noch einmal meinen allerherzlichsten Glückwunsch. Ich wünsche noch vielen Schülerinnen und Schülern so tolle Erlebnisse im Praktikum. Beim anschließendem kleinen Dinner konnten alle den Abend ausklingen lassen.

Auch im kommenden Jahr wird dieser Wettbewerb ausgetragen; und auch Ihr, die SchülerInnen des jetzigen 9. Jahrganges, könnt nicht nur tolle Berufe kennen lernen, sondern auch vielleicht ein iPad, einen Kopfhörer oder einen 100 Euro Amazon-Gutschein gewinnen. Auf geht's!!!

Angelika Lück, FBL W-A-T (Fotos: Stefan Specht)

Großer Andrang am "Wahl-O-Mat zum Aufkleben"

Landesjugendring machte am 07.08.2019 Halt an der Voltaireschule

Am 01.09.2019 wird in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt. Wer 16 Jahre alt ist, kann in Brandenburg von seinem Wahlrecht Gebrauch machen. Umso wichtiger ist es, dass man Bescheid weiß, wer eigentlich mit welchen Positionen zur Wahl steht.

Auch die Voltaireschule gehörte zu den Schulen, die der Brandenburger Landesjugendring auf seiner Tour durch Brandenburg vor der Landtagswahl besuchte. Mit dem "Wahl-O-Mat zum Aufkleben" konnten unsere Schülerinnen und Schüler die Positionen der zur Wahl antretenden Parteien mit ihrer eigenen Haltung zu den verschiedensten Themen vergleichen und somit sehen, wie hoch die Übereinstimmung ihrer Antworten mit denen der Parteien ist.

Beispielsweise muss man sich beim Wahl-O-Mat überlegen, ob man findet, dass Brandenburg vor 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen sollte. Oder ob schon der Besitz geringer Mengen Cannabis strafrechtlich verfolgt werden sollte. Auch eine neutrale Antwort oder das Überspringen von Thesen ist möglich. Das Ergebnis ist zwar keine Wahlempfehlung, aber immerhin ein Anhaltspunkt dafür, bei welcher Parteien es sich lohnen könnte, genauer hinzuschauen, bevor man seine Kreuze zur Wahl macht.

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Das Interesse war riesig. Unsere Lehrkräfte nutzten die Gelegenheit, mit ihren SchülerInnen auch während des Unterrichts vorbeizuschauen. Das Team um Flo, Nikolas und Alina hatte vier Stunden lang gut zu tun und unterstützte uns während der Beantwortung der Fragen.

Der Fachbereich Politische Bildung lädt in diesem Jahr alle Schülerinnen und Schüler ab der 7. Klasse zur Teilnahme an der Juniorwahl ein. Die Wahl wird am 27.08.2019 an unserer Schule stattfinden.

Gesine Dannenberg, FBL Politische Bildung (Text und Fotos)